Ausgerechnet Peter Terium! Der niederländische RWE-Vorstandschef soll „die formal verständlichste Rede auf den Hauptversammlungen 2014 gehalten“ haben von allen untersuchten CEO-Ansprachen der Dax-30-Konzerne, behauptet die Universität Hohenheim aus Baden-Württemberg („Wir können alles außer Hochdeutsch“). Kann das sein, nachdem der 1963 in Nederweert (Limburg) geborene und am Amsterdamer „Institut voor Registeraccountants“ ausgebildete Wirtschaftsprüfer sowie dann zur Utrechter „Rijksoverheids Academie“ gewechselte Steuerprüfer in spe vorübergehend als selbstständiger WP im NL-Finanzministerium landete, bevor der zwischenzeitliche „Audit Supervisor“ von der KPMG in Eindhoven als Controller über die Schmalbach-Lubeca AG schließlich bei RWE aufschlug? Wie darf es sein, dass der 1984 im niederländischen Bedum der Provinz Groningen geborene FCB-Spieler Arjen Robben am Samstag ungeahndet in Halbzeit eins des Pokalfinales trotz klarer Torraum-Schwalbe (bedriegerij! bedrog!) später in der Verlängerung ungestraft das 1:0 gegen den BVB erzielen durfte?
Hilflose Robbe statt haltlosen Robben zeigt dieses vorzügliche Motiv der wundervoll betitelten Kampagne „Canada’s Club Scene Sucks“. Die Tierschutzorganisation Peta setzt darin vordergründig auf einen ziemlich zerstört und verlebt wirkenden Zeitgenossen Iggy Pop. Der nutzt seine Bekanntheit als Musiker als Mittel gegen das Massaker an jenen lieb dreinschauenden Tieren, die nicht mal wie Arjen schnell weglaufen könnten. Es hat nichts mit dem Besuch von Nachtclubs zu tun, wenn es in der oberen rechten Ecke des Plakats heißt: „Clubbing baby seals is sick and gives Canada a black eye.“ Recht so und schön formuliert!
Ähnlich lieb wie eine Robbe schaut übrigens auf dem vom Energiekonzern zur Verfügung gestellten Foto unten der treue RWE-Boss Terium, der ansonsten allenfalls wie ein geradewegs aufgeweckter Finanzbeamte wirkt. Gleichwohl: Gemessen am „Hohenheimer Verständlichkeits-Index“ hat er mit einem Wert von 17,3 den ersten Platz im Ranking erreicht, das aus der mittlerweile schon bekannten Analyse von Prof. Frank Brettschneider vom Institut für Kommunikationswissenschaft hervorgeht. Seit Januar hatte er 14 Reden quasi auf dem Schneidebrett filetiert. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post AG schließt übrigens am 27. Mai die Reihe der Hauptversammlungen der DAX-30-Unternehmen ab. Dann wird Brettschneider wieder alle relevanten Reden analysiert haben und erneut seine top Tabelle vorlegen. Die Studie entsteht zum dritten Mal in Folge in Kooperation mit dem „Handelsblatt“, das online vorsorglich vorsichtig titelte „RWE-Chef Terium langweilt am wenigsten“, was streng genommen wieder anderes bedeutet als verständlich, aber immerhin auch in der Redaktion des Wirtschaftsblatts leichte Verwunderung auslöste, so dass es im Vorspann einen leichten Zweifel vermittelnd heißt: „Es gibt einen überraschenden neuen Champion im Redner-Ring“. In der Tat: Sehen so Champions aus?
Im Ranking folgt auf Rang zwei Continental-Chef Elmar Degenhart mit einem Wert von 16,7. Dahinter belegt der Vorstandsvorsitzende von BASF, Kurt Bock, den dritten Platz. Frank Brettschneider benotet: „Den drei Spitzenreitern kann eine große Verständlichkeit bescheinigt werden. Sie haben die Hauptversammlung für Reden genutzt, mit denen sie auch eine breitere Öffentlichkeit erreichen können. Für den Auf- und Ausbau von Reputation ist dies sehr sinnvoll.“ Ah, ja. Immerhin sechs Reden hätten den Zielwert von mindestens zwölf überschritten. Diese Reden seien damit „in etwa so verständlich wie die Wirtschaftsberichterstattung von überregionalen Qualitätszeitungen“, die indes leider auch nicht immer klar kommunizieren. Damit sich Vorstände und Geschäftsführer bei künftigen Auftritten am Vorbild orientieren, hier eine Sprechprobe des auf Platz eins gelobten Peter Terium („… Und jetzt droht uns die Energiewende zwischen den Fingern zu zerrinnen …“):
Geradezu goldig, wie sich das mehrfach eingeblendete Pärchen aus mächtigem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und eitlem „Handelsblatt“-Herausgeber Gabor „Held Gottes“ Steingart währenddessen eindrucksvoll ohne Gähnen um die Wette langweilen. Während Erstgenannter mit offengelegten 130.364 Euro Gesamteinkünften aus dem Jahr 2011 in sich ruhend zufrieden wirkt, treibt den Zweitgenannten trotz seines Anspruchs als „Journalist mit unternehmerischem Ehrgeiz“ das übertriebene Streben nach Erfolg kaum spürbar, was womöglich mit seinem gerade in Gedanken sorgenfreien Blick auf sein Konto korrespondieren mag, der uns bei ihm im Gegensatz zum SPD-Vorsitzenden verwehrt bleibt.
Die formal unverständlichste Rede hielt dagegen bisher der Allianz SE-Vorstandsvorsitzende Diekmann. Er erreichte lediglich einen Wert von 7,7. Ähnlich schlecht schnitt auch Beiersdorf-Chef Heidenreich ab. Erstgenannter liefere denn auch das nachfolgende Beispiel „für einen Monster-Satz mit insgesamt 44 Wörtern“: „Auch wenn sich diese Investitionen laut Internationaler Energie Agentur bereits innerhalb von zehn Jahren durch eingesparte Brennstoffkosten amortisieren lassen, stellt sich die Frage, wer das Geld für die dringend notwendigen Investitionen für die Energiewende, aber auch für Brücken und Straßen bereitstellen kann bzw. soll.“ Puh! Ebenso kritisieren die Kommunikationsforscher verständnislos Bläh-Begriffe wie „Underwriter“ oder „Shared-Service-Organisation“. Diese seien für ein Fachpublikum verständlich, nicht aber für die breite Öffentlichkeit. Auch Wortungetüme wie „Ergebnisabführungsverträge“ oder „Bruttoergebnisverbesserungen“ seien Käse. Womit wir wieder beim Gewinner Peter Terium wären, der offenbar den Tipp der Tester am besten beherzigt: „Eine lebendige Rede benötigt aktive Formulierungen.“ In meinen Worten: Ein lebendig Redender formuliert aktiv.
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